»Die Industrie unterliegt grundlegenden Veränderungen«, konstatierte Iris Plöger, Mitglied der Geschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) zum Auftakt der Fachkonferenz und betonte zugleich: »Die damit verbundenen Chancen und Wachstumsperspektiven, die langfristig den Wohlstand in Deutschland steigen ließen, sind höher als die daraus entstehenden Risiken.«
Erst eine Woche zuvor hatte die Bundesregierung die Umsetzungsstrategie »Digitalisierung gestalten« und die »Strategie Künstliche Intelligenz« (KI) mit konkreten Zielen, Maßnahmen und Zeitplänen verabschiedet. Das Ziel: Die Digitalisierung in Unternehmen und Gesellschaft sowie die Spitzenforschung auf dem Gebiet voranzutreiben. Das Papier beurteilte Plöger zwar als insgesamt gelungen, aber an vielen Stellen noch zu unkonkret. Schwachpunkte sind ihrer Meinung nach zum Beispiel fehlende Konzepte, um dem Fachkräftemangel zu begegnen oder zum Ausbau der digitalen Infrastruktur. Erst 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland seien bisher mit mehr als 50 Mbit versorgt.
Im Expertentalk redeten die BDI-Frau, Prof. Dieter Fellner, Vorsitzender der Fraunhofer-Verbunds IUK-Technologie und Dr. Andreas Goerdeler vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über weitere Hürden bei der Digitalisierung. Großen Bedarf sahen sie – neben Fachkräften und dem Infrastrukturausbau – vor allem bei den Themen Datenschutz und -sicherheit. Herausforderungen wären zudem die Steuerung vernetzter Prozesse, sowie der Datenaustausch in Echtzeit. Auch mahnten sie an, die gesellschaftlichen Debatten zu Künstlicher Intelligenz in der KI-Forschung nicht zu ignorieren. Denn letztlich entscheide die Akzeptanz der Anwender über Erfolg oder Misserfolg einer Technologie.
Blick in die Fraunhofer-Labore
Einen tiefen Einblick in ihre Arbeit am kognitiven Internet gaben an diesem Tag die Forscherinnen und Forscher von Fraunhofer. Doch was ist darunter eigentlich zu verstehen? Claudia Eckert, Leiterin des Fraunhofer-Clusters of Excellence »Cognitive Internet Technologies«, erklärte es als durchgängiges Netz aus miteinander verbundenen Geräten, die dank smarter Sensoren und Künstlicher Intelligenz Rohdaten direkt weiterverarbeiten, mit Expertenwissen anreichern und so den Datentransfer zwischen den Geräten auf ein Minimum reduzieren. Zusätzlich werden Anwendungen von vornherein so konzipiert, dass der Datenaustausch verlässlich und sicher in Unternehmensprozesse integriert werden kann. So kann auch Geschäftspartnern Zugriff auf relevante Daten ermöglicht werden, ohne dass der Eigentümer die Kontrolle über seine sensiblen Unternehmensdaten verliert. Kurz: »Das industrielle Internet der Zukunft ist kognitiv: lernend, planend, prognostizierend, assistierend und verlässlich«, fasste Eckert zusammen.
Realitäts-Check
Im anschließenden Realitätscheck stellten Thomas Langkabel, Vizepräsident der Initiative D21, Dr. Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Digitalverband Bitkom, Stefan Wätzold, Geschäftsführer bei Wätzold & Al-Zubaidi Management Consulting zusammen Prof Claudia Eckert den Fraunhofer-Ansatz auf den Prüfstand. Die Experten waren sich einig, dass die kognitiven Internet-Technologien, an denen die Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten, die Digitalisierungsbestrebungen der Industrie künftig wesentlich verbessern wird. Vorausgesetzt, die Politik schafft die nötigen Rahmenbedingungen.
Technologieworkshops
Im Anschluss an die Konferenz konnten die rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Wissen in drei parallelen Technologieworkshops vertiefen. Die Themenschwerpunkte waren: IoT-Technologien für den Einsatz in Industrie und Mobilität, Informed Machine Learning und simulationsbasiertes Lernen sowie Datengetriebene Geschäftsmodelle, Interoperabilität, Datensouveränität und Sicherheitsarchitektur.
Der vom Fraunhofer-Verbund IUK-Technologie initiierte Fraunhofer-Tag fand 2018 zum dritten Mal statt. Schwerpunkte der Jahre zuvor waren Cybersicherheit und KI. Die Veranstaltung widmet sich in einem Pressegespräch, einer Konferenz und Branchen- bzw. Technologieworkshops einen ganzen Tag lang digitalen Zukunftsthemen.